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Wirtschaftskanzleien - Qualifikationen

Offiziell fordern die Top-Kanzleien meist noch immer zwei Prädikatsexamina und eine Promotion, Auslandsaufenthalt nebst LL.M. wünschenswert. Tatsächlich geben sie sich normalerweise mit einem Prädikatsexamen zufrieden, wenn das andere Examen nicht weit vom Prädikat weg ist (ziemlich streng genommen wird das Erfordernis zweier Prädikatsexamina zum Beispiel von Gleiss und bei einigen Standorten von Lovells). Wer in einem Examen ein zweistelliges Ergebnis hat, darf sich bei den meisten Kanzleien im anderen wohl auch 7 Punkte erlauben, weniger sollten es möglichst nicht sein. Wer tatsächlich die offiziellen Soll-Voraussetzungen erfüllt, kann sich den Job quasi aussuchen, wer knapp darunter liegt, muss nehmen, was frei ist. wer gar kein Prädikat, aber solide "befriedigend" hat, kann wohl mit Glück in eine gute Kanzlei kommen, wenn er einen besonders interessanten Werdegang hat. Wenn die Differenz zwischen den beiden Examina groß ist, wird man mit fast 100%iger Sicherheit im Bewerbungsgespräch nach dem Grund dafür gefragt. Dafür sollte man eine knappe, überzeugende Antwort parat haben, sich nicht verheddern und möglichst nicht allzu sehr auf "insgesamt schlecht ausgefallen" herumhacken, sofern man dies nicht über die Platznummer belegen kann. Dann noch lieber zugeben, dass man einen schlechten Tag erwischt hat. LL.M. oder eine abgeschlossene Promotion sehen fast alle Kanzleien gern, manche zahlen dann auch etwas höhere Einstiegsgehälter (so zum Beispiel White & Case oder Lovells) oder sehen über ein nicht ganz so geglücktes Examen hinweg. Zwingend gefordert wird eine Doktortitel nur noch von ganz wenigen Kanzleien (beispielsweise Gleiss). Nicht von Nachteil sind auch weitere Titel: Vor allem natürlich ein LL.M., aber auch die französische maîtrise en droit oder andere ausländische Abschlüsse können ein Sahnehäubchen auf der Bewerbung sein. Titel können manchmal ein höheres Einstiegsgehalt mit sich bringen (beispielsweise bei White & Case). Nach einigen Jahren wird aber die Bezahlung von Leuten mit und ohne ausländischem Titel angeglichen. Sprachkenntnisse vor allem in Englisch sind wichtig. Seltsamerweise werden Bewerber aber fast nur abstrakt auf ihre Kenntnisse angesprochen, ohne dass tatsächlich die Sprache gewechselt würde - dies gilt selbst in den Kanzleien, in denen genügend ausländische Kollegen vorhanden wären. Kenntnisse in anderen Sprachen kann man seltener verwerten. Wenn die Kanzlei nicht auf Kontakte mit bestimmten Ländern spezialisiert ist, gibt es nur die Hoffnung auf einen kleinen "French desk", der vornehmlich französischsprachige Mandanten betreut. Ansonsten ist die Arbeitssprache aber sehr oft englisch. Einige der großen Kanzleien bieten ihren Mitarbeitern Englischkurse in den Kanzleiräumen an.

Doch wie läuft eine Bewerbung ab? Nach einer Initiativ- (oder Blind-) Bewerbung folgt meist sogleich ein Vorstellungsgespräch. Assessment Center o. ä. sind die Ausnahme. Sehr leicht lässt sich der Kontakt auch auf Jobmessen und bei den diversen Werbeveranstaltungen der Kanzleien herstellen. Die meisten Vorstellungsgespräche sind locker - eher ein Geplauder zwischen Kollegen als ein harter Eignungstest. Bei fast allen Kanzleien sollte man eine Antwort darauf parat haben, weshalb man Anwalt werden will und weshalb man gerade in eine Kanzlei dieses speziellen Typs gehen möchte (große oder kleine, deutsche oder internationale Kanzlei). Fragen nach Arbeitszeiten, Gehalt und Urlaub darf man ebenso stellen wie die nach den Partnerchancen oder der Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes. Weil man neben der objektiven Daten doch auch immer das Bauchgefühl bei der Entscheidungsfindung berücksichtigen muss, sollte man sich nicht scheuen, zu fragen, ob man in der Kanzlei herumgeführt werden kann, falls das nicht von Seiten der Gesprächspartner automatisch vorgeschlagen wird. Etwas schwerer zu beantworten ist die Frage, wie sehr man seine Präferenz für ein bestimmtes Rechtsgebiet zeigen soll - prinzipiell macht das einen guten Eindruck und man hat die Chance, in einer Praxisgruppe unterzukommen, die einem liegt. Andererseits kann es sein, dass man sich eine Absage einhandelt, wenn in diesem Rechtsgebiet gerade nichts frei ist oder wenn sich auf eine Anzeige zu viele Bewerber gemeldet haben - und man sich so die Chance verbaut, in einem anderen Bereich der Kanzlei unterzukommen.

Hier noch einige Anmerkungen zu einzelnen Kanzleien, die auf eigenen Erfahrungen beruhen:

  • Gleiss Lutz Hootz Hirsch (Stuttgart): nacheinander etwa fünf lockere, zirka einstündige Gespräche mit verschiedenen Associates und Partnern, zwischendurch Small-Talk beim Mittagessen. Dabei lernt man den Partner kennen, bei dem man später arbeiten wird, wenn man sich auf eine bestimmte Stelle beworben hat. Kurze Zeit später kommt dann im günstigen Fall eine Zusage. Personalchefin Frau Prinz nimmt einen in Empfang und tritt danach nie wieder in Erscheinung.
  • Lovells Boesebeck Droste (Frankfurt): zunächst zirka einstündiges Gespräch mit dem Hiring Partner Thomas Schrell, der dann sagt, in welchem Bereich freie Stellen vorhanden sind, bei zweitem Termin (ebenfalls rund eine Stunde) lernt man dann die zuständigen Partner kennen. Wenn sich zwischendurch mal niemand meldet, muss das nicht unbedingt etwas schlechtes bedeuten: einfach nachhaken.
  • Baker & McKenzie (Frankfurt): erste Runde dauert etwa eineinhalb Stunden, hart, aber freundlich, mit einer Handvoll Anwälten. Dann Mittagessen mit neuer Besetzung, schließlich Einzelgespräch mit Personalchefin Claudia Krug, die einen dann nochmals richtig in die Zange nimmt. Ein paar Tage später im positiven Fall Einladung für die zweite Runde, die so ähnlich abläuft wie die erste, allerdings etwas kürzer.
  • CMS Hasche Sigle Eschlohr Peltzer Schäfer: erste Runde etwa einstündiges Gespräch mit einem oder mehreren für die Personalplanung zuständigen Partnern, nach einigen Tagen ggf. Zusage für zweite Runde, wo man dann "seinen" künftigen Partner kennen lernt.
  • Allen & Overy: wenn in der Bewerbung das gewünschte Arbeitsgebiet genau genug angegeben hat, trifft man bereits beim ersten Gespräch "seinen" künftigen Partner, danach noch einen jungen Kollegen, mit etwas Glück kommt ein paar Tage später ein Jobangebot.
  • White & Case, Feddersen: einstufiges Verfahren, wenn man bereits seine Interessengebiete angegeben hat - man trifft dann seinen künftigen Partner, einen für die Personalplanung zuständigen Anwalt und eventuell danach noch (in lockerer Atmosphäre, einzeln) einige weitere Anwälte.


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